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Die globale Mindeststeuer schafft Wettbewerbsnachteile für die europäische Wirtschaft

Die globale Mindeststeuer ist äußert komplex und schafft spürbare Wettbewerbsnachteile für Unternehmen in Europa, da zentrale Industriestaaten außerhalb Europas nicht teilnehmen. Notwendig ist eine europaweite temporäre Aussetzung der Mindeststeuer, damit strukturelle Vereinfachungen als tragfähige Lösungen entwickelt werden können, die den globalen Rahmenbedingungen Rechnung tragen.

Der BDI hat die globale Mindeststeuer seit ihrer Einführung konstruktiv begleitet, da gleichwertige Rahmenbedingungen internationale Investitionen fördern und steuerliche Wettbewerbsverzerrungen reduziert. Die praktische Umsetzung bleibt jedoch hinter diesem Anspruch zurück. Entstanden ist ein paralleles Steuersystem mit erheblicher Komplexität sowie einer Vielzahl neuer Begriffe und Abgrenzungen zwischen Steuerrecht und Bilanzierung. Unternehmen und Finanzverwaltung sehen sich mit erheblichem Verwaltungsaufwand konfrontiert, während die erwarteten Mehreinnahmen in Deutschland gering ausfallen.  

Die G7-Verständigung vom Juni 2025 stellt grundsätzlich einen begrüßenswerten Schritt dar, da durch den Verzicht auf eine US-Vergeltungssteuer (Streichung der Section 899) erhebliche Zusatzbelastungen durch Quellensteuern vermieden wurden. Der Preis dieser Vereinbarung, die US-Unternehmen vollständig vom Anwendungsbereich der globalen Mindeststeuer ausnimmt, fällt jedoch hoch aus und sorgt dafür, dass die Mindeststeuer ihre konzeptionelle Grundlage verliert. Ohne eine Einbindung der USA fehlt die globale Dimension und die Mindeststeuer führt faktisch zu regionaler Ungleichbehandlung zwischen europäischen und US-amerikanischen Unternehmen. Zugleich haben große Volkswirtschaften wie Indien und China die Mindeststeuer nicht implementiert. Damit bleibt ein wesentlicher Teil der Weltwirtschaft außerhalb des Regelwerks. Innerhalb Europas verpflichtet die Richtlinie zur Umsetzung in den EU-Mitgliedstaaten, was kompetenzrechtliche Fragen aufwirft und sich in einem veränderten geopolitischen Umfeld als strukturelle Schwäche zeigt. 

Die Folgen für den Steuerwettbewerb zeigen sich klar: US-Konzerne unterliegen ausschließlich dem US-eigenen Mindeststeuerregime und der nationalen Ergänzungssteuer und nicht den komplexen primären und sekundären Ergänzungssteuern der globalen Mindeststeuer. Somit entsteht für sie ein deutlich geringerer Erfüllungsaufwand. Europäische Konzerne sind hingegen verpflichtet, die GloBE-Regeln in vergleichbaren Konstellationen anzuwenden und zusätzlich mit internationalen Regelwerken zu interagieren. Für deutsche Unternehmen greifen darüber hinaus die strenge Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz sowie zusätzliche nationale Vorgaben. 

Vor diesem Hintergrund bedarf es einer klaren Kurskorrektur. Erstens fordert der BDI eine temporäre Aussetzung der EU-Mindeststeuerrichtlinie. Die Mitgliedstaaten sollten unter den veränderten Rahmenbedingungen eigenständig über ihr Vorgehen entscheiden können. Ohne Aussetzung drohen sich die Wettbewerbsbedingungen für europäische Standorte weiter zu verschärfen. Während der temporären Aussetzung sind zentrale Vereinfachungen konsequent voranzutreiben, wie sie auch in der G7-Verständigung angelegt sind. Vorrang hat dabei die Ausweitung und qualitative Weiterentwicklung des CbCR-Safe-Harbor, idealerweise auf Basis klar definierter, risikobasierter Schwellenwerte, die stabile Hochsteuerländer dauerhaft von aufwendigen Detailberechnungen befreien. Bevor ein übermäßig komplexes System ohne klaren Mehrwert eingeführt wird, ist eine fundierte, datengetriebene Analyse erforderlich. 

Die Mindeststeuer entstand unter gänzlich anderen Rahmenbedingungen. Nun bedarf es einer grundlegenden Weiterentwicklung, die geopolitische Entwicklungen, erste Praxiserfahrungen und berechtigte Kritik einbezieht. Eine globale Mindeststeuer sollte Wettbewerbsverzerrungen vermeiden, statt sie zu verstärken sowie  ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen gewährleisten. In einer Aussetzungsphase könnte die OECD bestehende Standards konsolidieren, Vereinfachungen verankern und Schnittstellen zu anderen Regimen so abstimmen, dass Doppelbelastungen vermieden werden.