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Lateinamerika und Deutschland sollten mehr voneinander profitieren
Viele Staaten Lateinamerikas stehen derzeit vor großen Herausforderungen: geringes Wirtschaftswachstum, soziale Ungleichheit, fehlende Sicherheit sowie geringe Produktivität.
Dazu kommen aktuelle politische Spannungen mit den USA, von welchen vor allem die zentralamerikanische Wirtschaft stark abhängig ist.
Die neuen hohen Zölle der US-Administration bremsen die Exporte aus der Region aus.
Lateinamerika ist und bleibt dennoch ein attraktiver Markt und Wirtschaftsstandort für deutsche Unternehmen: Mehr als 650 Millionen, überwiegend junge Menschen leben dort auf einer Fläche von 20 Millionen Quadratkilometern – die Region ist fast fünfmal so groß wie die EU und mehr als doppelt so groß wie China. Die lateinamerikanischen Länder zählen zu den weltweit wichtigsten Rohstofflieferanten für Industrie und Energiewirtschaft. Im Untergrund des Kontinents liegen rund die Hälfte der weltweiten Lithium-, Silber- und Goldvorkommen. Neben dem Rohstoffreichtum hat Lateinamerika auch große Agrarflächen zur Verfügung. Wenn Nachfrage und Preise von Rohstoffen und Agrarprodukten steigen, könnte das dem Kontinent bald wieder Wachstum und Investitionen bringen.
Potenziale nutzen
Die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Lateinamerika bietet viel Potenzial. Dies ist auch das Ergebnis der „CEO Agenda“ , die der Lateinamerika-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (LADW) und McKinsey & Company 2023 gemeinsam erarbeitet haben. Laut der Studie fragen die Märkte in Lateinamerika intensiv deutsche Produkte, Dienstleistungen, Investitionen, Finanzierung und Know-how nach. Trotzdem bleibt das wirtschaftliche Engagement Deutschlands in der Region weit unter seinen Möglichkeiten.
Gemessen an unseren Wettbewerbern sind wir in der Region nicht adäquat präsent: Laut „CEO Agenda“ entfallen weniger als drei Prozent der weltweiten deutschen Investitionen auf Lateinamerika – und liegen damit fast drei Viertel unter dem OECD-Durchschnitt.
Die deutsche Industrie setzt sich auch deshalb für die baldige Ratifizierung und das Inkrafttreten des EU-Mercosur-Abkommens ein. Europa und damit Deutschland würden das erste FTA mit dem südamerikanischen Wirtschaftsraum unterhalten und könnten dadurch neue Geschäftsmöglichkeiten nutzen und Vorteile gegenüber anderen Wettbewerbern sichern. Auch die Zusammenarbeit mit Brasilien, dem wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschlands in Südamerika, würde davon sehr profitieren. Zusätzlich leistet das Abkommen einen Beitrag zum Klimaschutz, da sich alle Länder verpflichten, Umwelt- und Sozialstandards einzuhalten. Auch die Modernisierung des EU-Mexiko-Abkommens könnte wichtige Impulse geben, die Wirtschaftsbeziehungen mit Mexiko und Lateinamerika auszubauen.
Hürden aus dem Weg räumen
Die deutsche Wirtschaft ist in der Region weiterhin mit schwierigen Voraussetzungen konfrontiert. Dazu gehören Defizite in der Hochschulbildung, öffentlicher Sicherheit sowie Infrastruktur. Weiterhin sind die Staaten von Korruption, Bürokratie, Misswirtschaft und stets wechselnden politischen Ideologien geprägt.
Zeitgleich sind deutsche Unternehmen einem hohen Wettbewerbsdruck insbesondere durch Konkurrenten aus China und den USA ausgesetzt.
Aufgrund der aggressiven Außenpolitik der Vereinigten Staaten schauen sich die lateinamerikanischen Länder jedoch nach neuen, zuverlässigen Partnern in der Welt um. Der Einflussverlust der Amerikaner in der Region kann somit ein Vakuum in der Region hinterlassen, wodurch eine gezielte politische Unterstützung wirtschaftlicher Aktivitäten in Lateinamerika besonders wichtig wird.
Dazu zählen Insbesondere die EU-CELAC Gipfeltreffen welche Zusammenarbeit und Dialog der beiden Regionen fördern, sowie ein baldiges Inkrafttreten des EU-Mercosur Abkommens, welches die Europäische Union und damit auch Deutschland als einen zuverlässigen Partner für Lateinamerika etabliert.
Auf Zusammenarbeit setzen
„Mehr Produktivität in der Wirtschaft“ bleibt das zentrale Anliegen vieler lateinamerikanischer Staaten. Wächst das Produktivitätsniveau in der nächsten Dekade nicht, ist angetrieben durch den demografischen Wandel ein negatives Wachstum zu erwarten. Lateinamerika benötigt deshalb Innovation in seinen Hauptsektoren, um eine Produktivitätssteigerung zu ermöglichen.
Hier eröffnen sich große Chancen für die deutsche Wirtschaft, die dafür benötigte Technologien nach Lateinamerika zu exportieren bzw. vor Ort zu produzieren. Deutschland bietet innovative Ideen in den Sektoren Logistik, Erneuerbare Energien, Bergbau, Öl und Gas, Gesundheit sowie Landwirtschaft.
Insbesondere die deutsche Industrie, weltweit führend im innovativen Maschinenbau und bei Industrierobotern kann zur Schaffung einer modernisierten und produktiveren Wirtschaft beitragen.
Dies würde zu mehr Wohlstand und weniger sozialen Spannungen in den Ländern Lateinamerikas führen.